Freitag, 7. September 2012

Samstags vor meinem Schlafzimmerfenster

Die kleine Stadt, in der ich lebe, hat  ein unüberhörbares Demografie-Problem. 89 % der Einwohner sind über 60. Von diesen 89 % wohnen 71 % in unmittelbarer Nachbarschaft zu mir. Alle 89 % sind noch so gut zu Fuß, dass sie sich gern und oft vor meinem Schlafzimmerfenster versammeln, um sich dort in enormer Lautstärke zu unterhalten. Die etwas hörgeschädigten Bewohner meiner kleinen Stadt sind gesellig. Und ich bin strapazierfähig.
Manchmal hänge ich der kühnen Idee aller Werktätigen nach, ich könne samstags ja mal länger schlafen. Das klappt immer gut, manchmal sogar bis kurz vor halb 8.
Dann erfahre ich durch die Lamellen meiner Jalousie, dass Marlies einen wohl auch nicht mehr kennt.
Ach, ruft Marlies, du bist dat, Gerda, nee, ich hab dich jar nit gesehen, du hast die Haare anders.
Ach wat, dat ist doch schon lange so.
Nee, beim letzten Mal hattest du die noch nit so.
Doch, die waren ABER so. Die Lilo macht ja die Haare nit mehr, ich hab jetzt die Nachbarin von meiner Schwiegertochter, da geh ich schon ganz lang hin für die Haare.
Die Lilo macht dat nit mehr ?
Ach, doch schon seitdem der Friedel nit mehr so kann, der ist ja janz schlimm dran.
Hat die den noch zu Haus ?
Nee, nit mehr, dat war ja kein Tun mehr. Der ist jetzt im Pflegeheim. Dat is viel besser so. Die wollt dat ja nit. Ich denk mal auch wegen dem Pflejegeld, aber dat jeht doch nit.
Aah, furchtbar. Kegelt die Lilo denn noch mit ?
Ach nee, die macht jar nix mehr. Jetzt hab ich den Kontakt auch nit mehr so, dat is irjendwie einjeschlafen, du weißt jo, wie dat is....
Ja, als Rentner kommste zu nix.
(Lachen).
Jo, Gerda, ich muss, ich wollt noch zum Markt.
Du auch ? Dann gehn mer zusammen, ich muss  noch Blumen für den Friedhof holen, dat wird ja alles abgefressen von den Mäusen.......

Gerda und Marlies sind noch nicht ganz weg, da stellen sich Karin und Alfred vor mein Fenster, um sich mit Werner zu unterhalten, der auf der anderen Straßenseite durch den kleinen Park auf sie zu kommt.
Immer wieder neue Rentner tauchen auf.
Sie bleiben fröhlich erzählend stehen, und immer....ich sage: immer ...stellt sich nach minutenlangem Hin-und-Her heraus: die wollen alle zum Markt.
ÜBERRASCHUNG !!!
Sie können diesen winzigen Sachverhalt aber nie sofort abklären und sich dann unverzüglich auf den Weg zum Markt machen, um sich in der Bewegung dorthin auszutauschen. Erst muss der Spannungsbogen vor meinem Fenster überdehnt werden. Und ich liege Luftlinie 2 Meter von ihnen entfernt im Wasserbett und verursache starken Seegang in der Matratze.

Spannender wird die Episode: Samstags nachts vor meinem Schlafzimmerfenster.
Ich verrate schon mal ein paar Schlüsselwörter, die darin vorkommen:
Warsteiner.
Wendler.
Joanna - du geile Sau.
Höllehöllehölle.
Jetzt kotz hier ma bloß nicht alles voll.
Wartmaichmussmaeben.
Frollein, dat machse au nich nomma mit mir.
Da wa nix mim Jürgn, bissu einglich beklopp or wat ?
Olé olé olé oléé.....






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